Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)

Hinter dem zungenbrecherischen Begriff Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) verbirgt sich eine Fehlfunktion des Kiefergelenks. Was sich zunächst unspektakulär anhört, kann massive Probleme verursachen. Die Herausforderung ist, dass die Beschwerden nicht zwangsläufig am Kiefergelenk selbst auftauchen, sondern an verschiedenen Stellen im Körper. So kann die richtige Diagnose der fehlerhaften Biss-Lage teilweise längere Zeit in Anspruch nehmen. Liegt sie aber einmal vor, gibt es gute physiotherapeutische Anwendungen, die Ihnen rasch Linderung verschaffen können.

Craniomandibuläre Dysfunktion – die Definition

Eine CMD ist eine Störung, die im Kiefergelenk begründet liegt. Das kleine Gelenk ist eines der Komplexesten im gesamten menschlichen Körper. Es verbindet den Unterkiefer (Mandibula) über das Schläfenbein mit dem Schädel (Cranium). Dank verschiedener Muskeln, Bänder und Sehnen ist das Kiefergelenk in der Lage, sich auf und zu, vor und zurück sowie seitlich zu bewegen. Der Fachmann spricht von Scharnier-, Gleit- oder Schlitten- sowie Mahlbewegungen.

Bereits minimalste Veränderungen in der Bisslage können sich auf die Kiefergelenke auswirken. Die Kaumuskulatur verspannt und verschiebt sich. Sie wird überbeansprucht. Es kommt außerdem zu einer Fehlbelastung der Gelenke. Schmerzen, Triggerpunkte und Bewegungseinschränkungen sind einige Folgen der Craniomandibulären Dysfunktion.

Unter welchen Symptomen leiden Patienten mit CMD?

Tatsächlich leidet in Deutschland jeder zehnte Einwohner im Laufe des Lebens unter CMD. Das ist ein vergleichsweise großer Anteil. Die Auswirkungen einer Craniomandibulären Dysfunktion sind vielfältig. Sie können sich äußern in:

Am häufigsten geht die CMD mit Kopfschmerzen und Migräne einher. 80 Prozent der Betroffenen klagen über diese Beschwerden. Der Zusammenhang mit Kieferproblemen und Kopfschmerzen ist für viele Menschen noch nachvollziehbar. Wenn es aber aufgrund der Kauprobleme zu Schmerzen beispielsweise an der Lendenwirbelsäule kommt, sind Patienten oftmals irritiert.

Die Auswirkungen der Kieferfehlfunktion auf verschiedenste Körperpartien ist unter anderem in den Nervenbahnen begründet. Feinste Verbindungen verlaufen zwischen Kiefer- und Kopfgelenk sowie der Beckenregion. Befindet sich der Kiefer in einer falschen Position, kann Druck auf die Nerven entstehen.

Wie ist ein winziges Gelenk wie der Kiefer in der Lage, so massive Beschwerden auszulösen? Das liegt neben der Nervenverbindung auch in seiner Kraft begründet. Die Kaumuskulatur ist unser stärkster Muskel im Körper. Sie verursacht einen Druck von 800 Newton pro Quadratzentimeter oder 80 Kilogramm. Für wen diese Zahlen alleine zu wenig Aussagekraft besitzen, der kann unter anderem den Vergleich mit einem Wolf heranziehen. Das gefährlich anmutende Rudeltier kann mit seinem Kiefermuskel nur 60 Kilogramm Druck aufbauen.

Sitzt der Kiefer nicht korrekt, können bis zu 80 Kilogramm auf eine Nervenverbindung drücken, die mit einer anderen Körperpartie zusammenhängt. So wird der Schmerz an verschiedensten Positionen im Organismus ausgelöst. In diesem Zusammenhang ist auch das nächtliche Zähneknirschen zu erwähnen. Dabei entsteht ein Druck von 400 bis 800 Newton, der normalerweise rund 15 bis 20 Minuten anhält. Es wirkt also über einen vergleichsweise langen Zeitraum eine große Kraft ein.

Spannend ist zudem ein Blick auf die Studie “Die kraniomandibuläre Dysfunktion (CMD) - Eine mögliche Ursache für chronische Schmerzen und einen nicht erholsamen Schlaf” von Losert-Bruggner, Dudek und Hülse aus dem Jahr 2012. Hierbei kam heraus, dass 51 Prozent aller Betroffenen unter Schlafstörungen litten. Zudem beschrieb ebenfalls die Hälfte der Teilnehmer chronische Schmerzen. Bei den CMD-Patienten mit Schlafstörungen waren es sogar 97 Prozent, die chronische Schmerzen hatten. Somit lässt die Forschungsarbeit den Schluss zu, dass CMD möglicherweise ursächlich für Schlafmangel sowie eine jahrelange Schmerzhistorie sein könnte.

Kiefersymmetrie als Maß aller Dinge

Wie entsteht nun eine CMD? Der Auslöser kann unter anderem eine Asymmetrie im Kiefer sein. Liegen die beiden Kieferköpfe nicht mittig in der Gelenkgruppe, können Probleme entstehen. Unser Gehirn kontrolliert bei jedem Schluckvorgang automatisch, ob die Kiefergelenke symmetrisch liegen sowie die Kaumuskeln rechts und links die gleiche Spannung und Länge aufweisen. Ist das nicht der Fall oder haben die Zahnreihen nicht auf der Seite einen einheitlichen Vierpunktkontakt, versucht der Körper dies auszugleichen. Dadurch kann CMD ausgelöst werden.

Ursachen der Asymmetrie können sein:

Teilweise treten die Ursachen bereits in jungen Jahren auf. Allerdings kann ein jüngerer Körper die Kieferprobleme häufig besser ausgleichen. Deshalb sind Jugendliche und junge Erwachsene trotz Kieferfunktionsstörungen oftmals noch beschwerdefrei. Idealerweise wird aber bereits dann mit der Therapie angefangen. So kann eine Verschlechterung des Zustands normalerweise verhindert werden.

Am Häufigsten leiden Frauen mit 40 Jahren an CMD. Ursächlich hierfür ist meistens eine angeborene Fehlstellung, die erst im Laufe des Lebens Beschwerden verursacht.

Die Diagnose der CMD und erste Hilfe

Tatsächlich ist es nicht immer leicht, CMD festzustellen. Gerade, wenn die Fehlfunktion Beschwerden in anderen Körperregionen, wie beispielsweise dem Rücken verursacht, wird sie häufig nicht als Auslöser erkannt.

Es braucht einen ganzheitlichen Blick auf den Patienten und Kenntnisse verschiedenster medizinischer Disziplinen, um die treffende Diagnose zu erstellen. Oftmals ist der Zahnarzt oder der Kieferorthopäde der erste Experte, der die Fehlfunktion des Kauapparates bemerkt. Eine Aufbiss-Schiene ist meistens die einleitende Maßnahme. Sie wird vom Zahnarzt verschrieben und dient dazu, das Kiefergelenk und die Zähne zu entlasten.

Die Schiene aus Kunststoff setzt der Patient regelmäßig selbst ein und entfernt sie wieder. Normalerweise wird sie nachts getragen. Dadurch werden unter anderem die Folgen des Zähneknirschens gemildert.

Häufig ist die Schiene alleine keine Dauerlösung. Sie sorgt zwar relativ schnell für eine Linderung der Beschwerden, allerdings kommen diese rasch wieder, wird die Schiene abgelegt.

Physiotherapie bei CMD als interdisziplinäre Ergänzung

Eine Kombination aus ärztlicher und physiotherapeutischer Behandlung hat sich bei CMD bewährt. In der Physiotherapie gibt es verschiedene Maßnahmen, die den Patienten mit Fehlfunktionen des Kiefers weiterhelfen können.

Für den Therapieerfolg ist es wichtig, sich die konkreten Auslöser der Beschwerden anzusehen. Je nachdem wie die Ursachen gelagert sind, kommen unterschiedliche Behandlungsmethoden infrage. Generell haben sich Manualtherapie und Osteopathie in Kombination mit zahnärztlichen Maßnahmen bewährt.

Nicht jeder Physiotherapeut darf bei CMD behandeln. Dafür ist eine spezielle Weiterbildung erforderlich. Im Team von mediLoft arbeiten Therapeuten, die sowohl den notwendigen Basis- als auch Aufbaukurs absolviert haben. In Ergänzung mit der entsprechenden praktischen Erfahrung bieten wir CMD-Patienten eine erstklassige Behandlung.

Nach einer ausführlichen Anamnese stellt der Therapeut einen individuellen Behandlungsplan auf. Wie dieser exakt aussieht, hängt von den persönlichen Auslösern, Symptomen und der Verfassung ab.

Bewährt haben sich neben der Manualtherapie auch:

Mithilfe der Physiotherapie kann unter anderem die Muskelspannung in den Weichteilen des Kiefergelenks reduziert werden. Bei der Therapie werden in der Regel nicht nur der Kiefer und Kaumuskel einbezogen, sondern häufig auch die Halswirbelsäule.

Der Patient kann zudem selbst viel zu einem langfristigen Behandlungserfolg beitragen. Dazu geben unsere Mitarbeiter Ihnen gerne verschiedene Übungen mit an die Hand. Diese können Sie im heimischen Umfeld praktizieren und so Ihren Beschwerdeverlauf positiv beeinflussen. Zudem können Tipps speziell zum Verhalten am jeweiligen Arbeitsplatz förderlich sein.

Je nach Auslöser ist es wichtig, dass der CMD-Betroffene lernt, seinen eigenen Körper besser wahrzunehmen. Eine richtige Haltung kann bereits viel dazu beitragen, dass die Kiefergelenke entlastet werden. Je besser der Patient die eigene Motorik kontrollieren kann, desto gezielter bewegt er den Kiefer auf schonende Art und Weise.

Ist chronischer Stress der Auslöser für Zahn- und Kieferprobleme, kann der Betroffene ebenfalls für Entlastung sorgen. Hier sind Methoden wie Yoga, autogenes Training und Meditation hilfreich. Wichtig ist, dass die CMD ganzheitlich betrachtet und behandelt wird. In schwerwiegenden Fällen findet ein regelmäßiger Austausch zwischen behandelndem Zahnarzt und dem Physiotherapeuten statt. So kann die Symptomatik intensiv betreut werden. Ziel der physiotherapeutischen CMD-Therapie ist eine dauerhafte Schmerzfreiheit des Patienten.

Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) ist eine Kassenleistung nach § 124 SGB V.

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